Herzlich Willkommen beim Blog der SuN
14. August 2025
Rezension zum Buch „Ökonomie der Fürsorge. Warum wir Wohlstand, Gesundheit und Arbeit neu denken müssen“
Jackson, T. (2025): Ökonomie der Fürsorge. Warum wir Wohlstand, Gesundheit und Arbeit neu denken müssen. Degrowth statt…
14. August 2025
Bericht zur Tagung „A Climate of (De-)Civilization? Shifting Dynamics between Nature and Society“ vom 12.-15. März 2025 an der TU Dortmund
Umweltfragen haben in der soziologischen Forschung und Theorie zunehmend an Bedeutung gewonnen. Die Prozess- und Figurationssoziologie von…
14. August 2025
Organisation (Glossar Soziologie der Nachhaltigkeit)
Als machtvolle Akteure der Moderne tragen Organisationen wesentlich zur Konkretisierung gesellschaftlicher Nachhaltigkeitsvorstellungen…
Glossar Soziologie der NachhaltigkeitIm Glossar Soziologie der Nachhaltigkeit stellen Expert*innen des Arbeitskreis Soziologie der Nachhaltigkeit (SONA) der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS) zentrale Begriffe und Konzepte der soziologischen Nachhaltigkeitsforschung in kurzen und allgemeinverständlichen Beiträgen vor. Bisher veröffentlicht sind die hier aufgelisteten Beiträge. Weitere Beiträge sind in Vorbereitung.
Im Glossar Soziologie der Nachhaltigkeit stellen Expert*innen des Arbeitskreis Soziologie der Nachhaltigkeit (SONA) der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS) zentrale Begriffe und Konzepte der soziologischen Nachhaltigkeitsforschung in kurzen und allgemeinverständlichen Beiträgen vor. Bisher veröffentlicht sind die hier aufgelisteten Beiträge. Weitere Beiträge sind in Vorbereitung.
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Aktueller Call for Papers
Umkämpfte Transformation: Soziale Bewegungen im Konfliktfeld von Ökologie und Gesellschaft
Soziale Bewegungen spielen eine zentrale Rolle in der Aushandlung und Gestaltung der sozial-ökologischen Transformation. Sie versuchen durch Proteste und Kampagnen sowohl die Öffentlichkeit als auch politische Entscheidungen, wirtschaftliches Handeln oder die private Lebensführung zu beeinflussen. Das Spektrum der Bewegungen ist vielfältig: Während die Klima- und Umweltbewegung zu schnellerem und weitreichenderem Handeln drängt, um ökologische Katastrophen abzuwenden, mobilisieren vor allem rechtspopulistische Akteure zunehmend erfolgreich gegen eine sozial-ökologische Transformation. Tierschutz- und Tierrechtsorganisationen versuchen schon seit langem, das gesellschaftliche Verhältnis zu Tieren neu zu gestalten und auch Gewerkschaften und feministische Bewegungen beziehen ökologische Themen in ihre Positionen ein.
Soziale Bewegungen sind ein omnipräsenter Teil der konfliktreichen Aushandlungsprozesse der sozial-ökologischen Transformation. Während Blockadeaktionen von Aktivist*innen aus der Klimabewegung in westlichen Ländern zunehmend kriminalisiert werden, steigt die Zahl der Morde an Umweltaktivist*innen im globalen Süden (Nixon 2011). Zudem verweist Forschung darauf, dass anti-ökologische Mobilisierungen häufig mit antifeministischen und patriarchalen Ideologien verschränkt sind (Daggett 2018). Solche ‚fossilisierten‘ Identitätspolitiken stärken nicht nur reaktionäre Bewegungen, sondern erschweren auch progressive Allianzen. Manche Kritiker*innen werfen sozialen Bewegungen des ökologischen Spektrums vor, sich trotz der Forderung nach globaler Gerechtigkeit primär aus bessergestellten sozialen Lagen zu rekrutieren. Gerade ökologische Bewegungen erscheinen oft in widersprüchlichen Konstellationen: Während manche Strömungen progressive Elemente mit marktförmigen Logiken des neoliberalen Kapitalismus verknüpfen (Fraser 2016), mobilisieren reaktionäre Kräfte gezielt gegen diese als elitär wahrgenommene ‚progressive Ökologie‘. Andere diagnostizieren dem öko-emanzipatorischen Projekt das endgültige Scheitern (Blühdorn 2020). Gleichzeitig wird sozialen Bewegungen ein präfiguratives Potential der Erprobung neuer Gesellschafts- und Lebenswürfe zugesprochen, die Alternativen zum westlich-industriellen Modell der Naturbeherrschung eröffnen sollen (Leach 2013). Von sozialen Bewegungen wird dabei entweder gefordert, sich dem soziohistorische Ursachenkomplex der ökologischen Krise anzunehmen oder die Stimme einer neuen ökologischen Klasse zu sein, die sich nicht mehr über anthropozentrisch-historische Konzepte, sondern über die Bewohnbarkeit des Planeten bestimmt (Latour und Schultz 2022).
Der öffentliche Diskurs zum Engagement sozialer Bewegungen im Kontext der sozial-ökologischen Transformation ist ebenso vielfältig: Medienberichte über Klimaproteste reichen von der Darstellung junger Menschen als ehrenvolle Retter des Planeten bis zu ihrer Diskreditierung als ‚Klima-Chaoten‘ und ‚Ökoterroristen‘. Politiken zur Umsetzung ökologischer Maßnahmen führen zu kontroversen Reaktionen. Im politischen Parteienspektrum gilt die performative Assoziation mit oder, im Gegenteil, die Abgrenzung von ökologischen Protesten entsprechend als Ausweis einer grundsätzlichen Haltung zum sozial-ökologischen Projekt.
In der Soziologie und den Social Movement Studies ist das Interesse an sozial-ökologischen Bewegungen traditionell groß (Rootes 2004); Bewegungen des anti-ökologischen Backlashs finden jüngst verstärkt Aufmerksamkeit. Insbesondere Organisationen der Klimabewegung wie Fridays for Future (FFF) wurden in den letzten Jahren umfangreich beforscht (Pollex und Soßdorf 2023). Auch gesellschaftstheoretische oder zeitdiagnostische Perspektiven nehmen – durchaus kritischen – Bezug auf sozial-ökologische Bewegungen als Proponenten eines konfliktträchtigen Steuerungsphantasmas (Nassehi 2024) oder Avantgarden einer kommenden Technokratie (Staab 2022).
Mit dem Themenheft „Umkämpfte Transformation: Soziale Bewegungen im Konfliktfeld von Ökologie und Gesellschaft“ möchte die Soziologie und Nachhaltigkeit aktuellen Forschungsarbeiten in diesem Themenfeld ein Forum bieten und die Debatte über die Rolle sozialer Bewegung für die sozial-ökologische Transformation weiterentwickeln. Leitfragen können dabei unter anderem sein:
- Welche Milieus stützen (anti-)ökologische Bewegungen? Wie lassen sich die Bewegungen soziographisch beschreiben? Welche intersektionalen Perspektiven gibt es auf sie?
- Welche Koalitionsbildungen, Netzwerke und Abgrenzungen sind in und zwischen sozial-ökologischen Bewegungen zentral? Wie verhält es sich bei Bewegungen des anti-ökologischen Backlashs?
- Wie ‚framen‘ soziale Bewegungen die sozial-ökologische Transformation und wie erfolgreich sind diese Strategien? Wie lässt sich die unterschiedliche Resonanz spezifischer Frames erklären?
- Welche Aktionsrepertoires und Prozesse der (Ent-)Radikalisierung finden wir in sozialen Bewegungen zur sozial-ökologischen Transformation? Wie sieht der öffentliche und politische Diskurs zu Aktionsstrategien und Forderungen sozial-ökologischer Bewegungenaus?
- In welchem Zusammenhang stehen grundsätzliche Gesellschaftskritik und die Kritik gesellschaftlicher Naturverhältnisse in sozial-ökologischen Bewegungen? Inwiefern werden globale und postkoloniale Perspektiven auf sozial-ökologische Kämpfe einbezogen? Welche (realen) Utopien und Praktiken der ökologischen Sorge und Solidarität finden sich in den Bewegungen?
- Inwiefern gelingt es sozial-ökologischen sozialen Bewegungen, Einfluss auf Politik, Ökonomie, Recht, Kultur und Wirtschaft zu nehmen?
- Wie lassen sich sozial-ökologische Bewegungen und Proteste gegen die sozial-ökologische Transformation gesellschaftstheoretisch interpretieren? Wie wirken geschlechter- und machtkritische Perspektiven – etwa zu progressivem Neoliberalismus oder zur Verschränkung von Anti-Ökologie und Anti-Feminismus – auf das Verständnis sozial-ökologischer Bewegungen und ihrer Gegner?
Interessierte Autor*innen sind eingeladen, bis zum 15. November 2025 Exposés von maximal 500 Wörtern (inkl. Literaturverzeichnis) einzureichen. Dabei sind sowohl theoretische als auch empirische Beiträge erwünscht. Neben der Einreichung von Abstracts für fachwissenschaftliche Beiträge im Journal SuN sind auch Beitragsvorschläge für den Begleit-Blog der SuN erwünscht, die an eine breitere Zielgruppe gerichtet sind. Alle Einreichungen können an sun.redaktion@uni-muenster.de gesandt werden.
Über Uns
Liebe Interessierte der Nachhaltigkeits- und Transformationsforschung,
wir freuen uns, Euch auf unserem Blog begrüßen zu können. Hier bieten wir begleitende Formate zu unserem Open-Access-Journal „Soziologie und Nachhaltigkeit“ (SuN) an. Seit 2015 versammelt die SuN in regelmäßigen Ausgaben sozialwissenschaftliche Perspektiven auf die Nachhaltigkeits- und Transformationsforschung. Neben den Fachbeiträgen im klassischen Aufsatzformat bietet der Blog zukünftig Interviews, Rezensionen, Tagungsberichte und Forschungsnotizen.